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Förster Tiefstapler

Wir schreiben das Jahr 2022, das Virus hat nach zwei Jahren auch mich mal erwischt und ich darf alleine die Wohnung hüten. Aber das Ganze hat zumindest den Vorteil, dass ich endlich mal das ganze Förster Tiefstapler Projekt auf meiner Website einpflegen kann und sehr sehr viele Worte darüber verlieren kann.

Anfang 2019 ist bereits der Prototyp gebaut worden und auf dem von meiner Band ISAAC VACUUM veranstalteten VACUUMFST präsentiert worden.

Steven Hein testet auf dem VACUUMFEST 2019 den Prototypen – siehe auch Förster Klingenberg

Seitdem sind mittlerweile ein paar dieser speziellen Gitarren bei BassLine gebaut worden. Darauf bin ich wirklich stolz. Jedes Mal wenn eine fertig ist, man sie in die Hand nimmt, spielt und denkt: „Genau DAS ist es!“ Hach. Es ist eben ein Gitarrenhybrid, den man sich selbst ausgedacht hat, weil man selber auf dieses Design und diese Art von Sound Bock hat. Wenn das dann auch noch von den Kunden genau so gespiegelt wird, geht einem das Herz auf.

Aber worum geht es hier eigentlich?

Auf dem Förster-Instagram-Account gibt’s dazu immer die Hashtags

#modernvintage #offsetguitar #baritone #localwood #twang

Das fasst es schon ganz gut zusammen. Für die BassLine-Website habe ich es einmal so formuliert:

Förster Tiefstapler

Förster-Gitarren werden ausschließlich aus heimischen Hölzern bei BassLine in Krefeld am Niederrhein gefertigt. Die Bariton-Offset-Modellreihe „Tiefstapler“ erlaubt verschiedene Mensuren und somit unterschiedlich tiefe Stimmungen bei straffer Saitenspannung und bestmöglicher Bespielbarkeit ohne Intonationsprobleme. „Modern Vintage“ wird gelebt und hörbar gemacht. Die „Förster Tiefstapler“ kombiniert Gestaltungsmerkmale deutscher Gitarren der 50er und 60er Jahre: Eine asymetrische Formgebung des Sandwich-Bodies aus Erle und Ulme geht eine Symbiose ein mit „German Carve“ Shapings, Carbon Einlagen im Hainbuche-Hals, Edelstahlbünden samt Nullbund, modernen Einzelbrücken und einem rückseitigen Hainbuche – „Backbone“ als statisches und gleichermaßen akustisches Element zur Halsverschraubung und zur string-through-body Saitenführung. Rübezahl und Häussel Pickups mit charakteristischen Chromkappen runden das Erscheinungsbild ab und sorgen mit ihren Verschaltungsmöglichkeiten für einen stilsicheren und brillianten Baritonsound mit Wiedererkennungswert.

Letztendlich ist die „Tiefstapler“ eine Fortführung des Designs, was man auf meiner Website nachverfolgen kann. Angefangen hat es mit dem Höfner-Redesign, dann ging es weiter mit meiner eigenen Gitarre in Kombination mit dem vorhandenem Höfner-Hals, dann der Logo-Entwicklung und des Namens für Stevens „Förster Klingenberg“ und dann letztendlich dem Konzept für die „Förster Tiefstapler“, was optisch natürlich auch Parallelen zum Konzept der BassLine re:belle series aufweist.

Geblieben ist der Offset-Gedanke und das große Pickguard mit dem markanten und symmetrischen Ausläufer im unteren Bereich. Neu sind sind konzeptionelle Eckparameter wie heimische Hölzer und die Tatsache, dass verschiedene Mensuren/Halslängen und Stimmungen auf einer gleichbleibenden Bodyform bei gleicher Brückenposition möglich sein sollen. Das ist z.B. auch der Grund warum das obere Horn etwas länger ist. So hängt auch bei langen Hälsen die Gitarre ergonomisch am Körper ohne dass es kopflastig wird.

Förster Tiefstapler 25,5″ komplett schwarz eingefärbt mit Binding und 5-Wege Schalter

Neu sind auch viele gestalterische und klangästhetische Gimmicks wie das „german carve“ Shaping, was eine eine gute Armauflage garantiert und die Maserung des Deckenholzes dreidimensional unterstreicht und als Nebeneffekt mit dem Zacken am Bodyende das Herausrutschen aus dem Gitarrenständer verhindert. Das ist bei asymetrischen Bodyformen häufig das Problem. Besonders ist auch das rückseitige „Backbone“, was aus dem harten Halsmaterial gefertigt ist und optisch eine Fortführung des Halses darstellt. Es braucht keine Halsplatten oder Halspitten zur Verschraubung mehr und auch keine Hülsen zur Saitendurchführung. Auch erleichtert es im Herstellungsprozess die Positionierung aller Bohrungen im Body – denn durch das immer gleich bleibende „Backbone“ sind alle Positionen schablonenartig vorgegeben. Beispielhaft zur Erklärung hier Detailaufnamen einer 27,5″-Tiefstapler-Variante, bei der die Hölzer ungefärbt sind.

Eingelassenes „Backbone“ zur Halsverschraubung und Saitendurchführung aus Hainbuche und als optische Halsfortführung.
Gewinkelte Kopfplatte mit Nullbund, 43mm TUSQ-Sattel, Schaller Mechaniken und frontseitig gefärbter Kopfplatte.

Warum Sandwich-Body? Einerseits natürlich „best of both worlds“ – eben klassisch-schnöde Erle gepaart mit einem härteren und schön gemasertem Deckenholz, andererseits aber auch der Wille, genau diese Ulme zu verwenden. Rüdiger hat seit Jahren Unmengen an wunderschönem einteiligem Rüster (Ulme) in einer 25mm-Stärke im Lager liegen. Die kann man nur in Sandwich-Bauweise verwenden. Zumal ein massiver Body aus Ulme eh zu schwer werden – und zu spitz klingen würde. Im Prinzip basiert das Tiefstapler-Konzept also zu einem großen Teil auf dem Wille das bislang ungenutzte Holz verwenden zu können. Eben, dass nichts dafür angekauft wird. Das Deckenholz hat bei Gitarren ohne Binding immer die Stärke, wie das Binding sonst sitzen würde. Klingt komisch – aber wenn ihr die Fotos anguckt, wisst ihr was ich meine,

45mm dicker Body mit 25mm Erle und 20mm einteiliger Ulme

Auch habe ich mich entschlossen immer Edelstahlbünde samt Nullbund und Carbonstäbe im Hals einzusetzen. Das sorgt nicht nur für einen besonders brillianten Höhenanteil im Sound, der bei tiefen Stimmungen garantiert, dass nichts verwaschen klingt. Auch wird so gewährleistet, dass man viel mit verschiedenen tiefen Stimmungen herumexperimentieren kann, ohne dass der Hals Probleme macht und sich verzieht. Wenn die Gitarren lange im Wandhalter hängen, hat dies auch keine Auswirkungen auf die Statik.

Hier Fotos aus der Produktion mit Backbone-Inlay, Carbonstäben und 2-Wege-Trussrod und Gewindemuffen zur Halsverschraubung.

Das Handling der Gitarre ist grundsätzlich ähnlich dem einer Strat. Das muss es auch sein. Als langjähriger Strat-Spieler fühle ich mich persönlich auch auf anderen Gitarren gar nicht wohl. Das hat auch den Grund, dass das Volume-Poti recht nah am Bridge-Pickup sitzt und auch das Strat-Buchsenblech seinen Platz auf der Gitarrenvorderseite findet und so optisch ziemlich präsent ist.

Bei den Pickups und deren Position ist es mir immer wichtig, dass der Hals-Tonabnehmer an der typischen Strat-Position sitzt. Ist hier ein Humbucker verbaut und wird dieser zum Singlecoil geschaltet – ist eben auch die halsnahe Spule aktiv. Die sorgt für den schönen Schmatz, den ich gerade bei Strats mit Ahorngriffbrett so liebe. Zusammen mit einer Singlecoil-Position in Stegnähe erhält man immer auch einen typischen Tele-Sound, bei dem die Mittelstellung dann auch brummfrei ist. Einen mittleren Pickup hat es bislang bei den Gitarren nie gegeben. Einfach auch, weil ich persönlich nichts mit diesen knopflersound-artigen Zwischenpositionen anfangen kann. Denkbar ist es aber natürlich. Optisch mag ich es sehr, wenn ein großer Steg-Humbucker und ein kleiner Hals-Singlecoil verbaut sind.

2022er Förster Tiefstapler 27,5″ Thinline mit Häussel Pickups inkl. Dummy-Spule und pearl cream Pickguard was farblich super mit der Hainbuche zusammengeht

Mittlerweile durften wir ein paar Instrumente bauen. Allen gemein ist, dass sämtliche Pickup-Schaltvarianten möglich sind. Entweder durch Schaller 5-Wege Megaswitches oder 3-Wege-Schalter im oberen Horn in Kombination mit einem push/push Tone-Poti. Bei der letzten Umsetzung einer Thinline-Variante lässt sich durch das versenkte push/pull-Poti mit einem Knopfdruck das Instrument zu einer reinen Singlecoil oder Humbuckergitarre schalten. Wer die Vorzüge beider Optionen kennt, weiß das zu schätzen. Ich persönlich bin immer nur ein Singlecoil-Spieler mit wenig Gain und dem Finger am Volume-Poti – weshalb mir die Möglichkeit des reinen Singecoilbetriebs extrem wichtig ist. Aber wer Highgain fährt oder Gigs neben einem Bahnhof spielt, der braucht selbstverständlich auch die brummfreie und weniger twangige Variante.

5-Wege-Schalter im oberen Horn um auch Singlecoil-Sounds bei zwei Humbuckern abzurufen.

Da das ganze Gitarrenkonzept natürlich darauf basiert, was ich persönlich gerne bei einer Gitarre hätte, war mir eine Zwischengröße wichtig. Da ich selbst immer auf drop C spiele, ist eine 26,5“ Mensur ein guter Kompromiss. So sind normale Stimmungen möglich und auch tiefer gestimmte Sachen kommen nicht allzu flubberig daher wie es bei einer normalen Mensur wäre. Auch großgewachsene Gitarristen sind bestimmt mit so einer Variante gut aufgehoben. Bislang habe ich folgende Mensuren realisiert:

  • 25,5“ – E 10-46 / drop D 10-52 / oder D 12-54
  • 26,5“ – drop C, 11-56 oder 12-60
  • 27,5“ – H / drop A, 13-64

Geplant habe ich die Reihe auch so, dass auch eine 30“-Variante in 7ender-6 Manier möglich wäre. Obwohl ich generell der Meinung bin, dass ein Powerchord auf einer Gitarre immer funktionieren muss, weshalb Tunings unterhalb von Drop A mich eher weniger interessieren.

„all in“ 26.5″ Tiefstapler mit Bindings, eingefärbtem Griffbrett, Hals, Body und Decke und ausgeklügelter Schaltung der Rübezahl-Pickups

Nochmal ein paar krumme Takte zu den Hölzern: Generell gibt es ja viele Möglichkeiten, was man nutzen kann. Auf die Hainbuche als Halsmaterial habe ich mich eingeschossen, da sie sehr hart ist und auch so eine ziemlich entspannte nahezu unsichtbare Maserung hat. Sie lässt dem Bodyholz Platz zum wirken. Wenn man ein dunkles Griffbrettholz möchte, kann man die Hainbuche einfärben. Das passiert dann immer in Kombination mit einem Griffbrettbinding – was man dann auch gezielt als hellen Kontrast einsetzen kann. Ähnlich ist es auch beim Body. Den kann man auch beliebig beizen und mit einem Binding noch gezielt konturieren. Das geht in weiss, cream oder auch schwarz. Auf den hier gezeigten Fotos sehr ihr ja ein paar Möglichkeiten. Auch muss nicht zwangsweise Ulme verwendet werden. Bei der Thinline war es auch Esche. Gebeizter Riegelahorn oder Nussbaum kann ich mir beispielsweise auch ganz gut vorstellen.

Komplett geschwärzte 25,5″ Tiefstapler mit cream Binding
Diese Gitarre ging an David der Düsseldorfer Hardcore Band „MyTerror“. Über solche Fotos freut man sich dann natürlich immens. Foto von quintenquist.com

Ich habe damals ein etwas längeres Erklär-Video zum Prototypen gemacht, versuche aber auch sonst immer alles bei Instagram zu dokumentieren. Insbesondere auch wenn es darum geht Klangbespiele zu archivieren. Schaut dort doch mal ‚rein.

Jetzt aber ich aber wirklich beinahe jedes Detail besprochen. Wer bis hierhin gekommen ist, Glückwunsch!

Liebe Grüße, Phil

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